Körperlichen Aktivität bei Kindern und Jugendlichen wird nicht durch Umweltfaktoren bestimmt

IIn den 90er Jahren wurde als ein ätiologischer Faktor der Adipositas die Set-Point-Hypothese diskutiert, die besagt, dass jede Person ein genetisch festgelegtes Gewicht habe und der Körper versuche, dieses Gewicht zu erhalten. Bei Personen mit Adipositas – so die Anhänger dieser Theorie – sei der Set-Point höher und der Körper versuche, dieses Gewicht auch nach einer Diät wieder zu erreichen.

Im International Journal of Obesity ist nun eine Studie einiger Forscher aus England erschienen, die das Set-Point Konzept auf den Grad der körperlichen Aktivität übertragen. Wilkin et al. vermuten, dass der Grad der körperlichen Aktivität durch Personenfaktoren bestimmt und von der Umwelt wenig beeinflusst wird.

Eine geringe körperliche Aktivität wird gegenwärtig als wichtiger ätiologischer Faktor der Adipositas angesehen. Weiterhin wird angenommen, dass die Zunahme der Häufigkeit der Adipositas mit dem aktuell bequemen Lebensstil mit geringer körperlicher Aktivität der westeuropäischen Ländern in Zusammenhang steht. Wilkin et al. bestreiten diesen Zusammenhang und haben eine entsprechende Studie durchgeführt.

Um ihre Hypothese, dass der Grad der körperlichen Aktivität im wesentlichen bei jeder Person festgelegt sei, zu testen, wurde die körperliche Aktivität von knapp 700 englischen Schülern unterschiedlichen Alters aus verschiedenen Schichten und Orten mittels eines Accelerometers registriert, ein kleines technisches Gerät, das am Körper getragen wird und die Aktivitätsdaten aufzeichnen kann. Sollte die Hypothese der Forscher stimmen, dürften sich keine Unterschiede im Aktivitätsgrad ergeben, die sich auf Umweltfaktoren zurückführen lassen.

Wilkin et al. kamen zu folgenden Ergebnissen: Der Grad der körperlichen Aktivität beim Einzelnen veränderte sich von einem Jahr zum anderen nicht, sondern blieb gleich. Auch die Korrelation zwischen der Aktivität unter der Woche zu der am Wochenende war sehr hoch. Hier zeigten sich – nach Angaben der Forscher – keine Umwelteinflüsse. Auch zwischen den Schülern, die verschiedene Schulen mit unterschiedlich intensivem Sportangebot besuchten, konnten keine Unterschiede bei der täglich registrierten Gesamtmenge der körperlichen Aktivität registriert werden.

Ebenso brachte die unterschiedliche Bewältigung des Schulweges keinen Unterschied der Gesamtaktivität im Wochenvergleich. Diejenigen, die ihren Schulweg zu Fuß bewältigen mussten – im Gegensatz zu den Schülern, die von ihren Eltern gefahren wurden – , zeigten im Wochenvergleich keinen Unterschied. Diejenigen, die gefahren wurden, glichen die Aktivität in der restlichen Zeit durch erhöhte Aktivität wieder aus.

Weiterhin zeigte sich keine Korrelation zwischen Inaktivität und hohem Fernseh- bzw. Videospielkonsum, die von vielen Forschern als ein ätiologischer Faktor des Übergewichts angesehen wird. Mädchen zeigten insgesamt weniger körperliche Aktivität als Jungen.

Die Forscher sehen ihre Ergebnisse als Beleg dafür an, dass der Grad der körperlichen Aktivität in nur sehr geringem Maße durch die Umwelt determiniert wird, sondern in erster Linie genetisch bestimmt wird.

 

Quelle:
Wilkin, TJ, Mallam, KM, Metcalf, BS, Jeffery, AN & Voss, LD (2006). Variation in Physical activity lies with the child, not his environment: evidence for an “activitystat” in young children. International Journal of Obesity, 30, 1050-1055.